2. Radtour durch die VG Leiningerland 2023

Tagebuch der 2. VG-Radtour

Am Sonntagmorgen dem 30.04.23 bei noch etwas frischen Temperaturen trafen sich die Radler an der Verbandsgemeinde in Grünstadt um gemeinsam weitere Orte der VG zu erkunden. Die Abfahrt war um 11 Uhr. Angeführt wurde die Radlergruppe vom Beigeordneten Hans Scherer aus Dirmstein. Mit dabei waren auch der VG-Bürgermeister Frank Rüttger, der Beigeordnete Findt und der Obersülzer Ortsbürgermeister Andreas Lehmann

Via Sausenheim radelten alle noch voller Kraft den Berg hoch nach Neuleiningen und via Kirchengasse zur Burg. Der tolle Blick ins Tal bis in die Rheinebene entschädigte sofort für die ersten Schweißperlen des noch frühen Tages.

Torbogen in der Kirchengasse auf dem Weg zur Burg


Die Burg Neuleiningen, bekannt auch durch seine mutige Gräfin Eva, die von 1481 bis 1543 lebte, liegt an strategisch wichtiger Stelle auf einem Bergsporn am Ausgang des Eckbachtals und war von 1238 bis ca. 1250 durch Friedrich III. erbaut worden. Die Anlage mit vier runden Türmen an den Ecken (Kastellburg) ist einmalig in der Region und geht auf französische Vorbilder in der Ile de France zurück. Die Schießscharten sind die frühesten im deutschsprachigen Raum. Gleichzeitig wurde auch die Stadtmauer errichtet, von der auch heute noch Stück stehen. In ihrem Schutz siedelten sich rasch Burgleute, Handwerker, Bauern und Kaufleute an. Der Ort gewann schnell an Bedeutung und wurde zur Stadt, 1371 sind die Stadtrechte bezeugt.

                                                                                            Burgturm

Unweit der katholischen Kirche St. Nikolauskirche erwarteten uns die Vertreter des Heimatvereins um uns die Museen und das Burginnere näher zu bringen. 

Eines der beiden Museen in Neuleiningen - hier auf dem Weg zur Burg.


Klar wurde jedem, daß er hier noch ein weiteres Mal mit mehr Zeit hinfahren muss, evtl. sogar einmal an einer Ortsführung teilnehmen sollte.

Ortsplan mit Geschichte am Wegesrand


Von der Burg aus den Berg runter findet der geneigte Besucher des Ortes eine gute Übersichtskarte samt Geschichte am Wegesrand – doch diese zu lesen wurde auch auf den nächsten Besuch verschoben denn schon ging es weiter steil bergab vorbei am einstigen Neubaugebiet Neuleiningens und dann durch Felder gen Nackterhof.

Nackterhof: So mancher hat den Wegweiser schon gesehen und weiß doch nicht viel über diesen kleinen Ort, der zu Neuleiningen gehört. Bekannt ist er durch Events wie „Rock im Hof“ am ersten August-Wochenende, seine idyllische Lage, der Pferdekoppeln und eines alliierten Flugzeugabsturz 1944, dessen Fundstücke für internationales Aufsehen sorgten. Der Heimatforscher Erik Wieman hatte in Kanada, Großbritannien und Australien Nachkommen der 23 Opfer gesucht, die im Zweiten Weltkrieg beim Abschuss der Dakota durch einen deutschen Jagdflieger über Neuleiningen ums Leben gekommen waren. Nackterhof wird bundesweit unter den zehn kuriosesten Ortsnamen gelistet. Dabei hat der Name wohl rein gar nichts mit dem heutigen Wort „nackt“ zu tun. Wie genau er zustande gekommen ist, ist unbekannt. Eine mögliche Erklärung kommt aus dem Mittelhochdeutschen – die gesprochene Sprache nicht nur im Leiningerland zwischen den Jahren 1050 und 1350: es gibt eine Wortbedeutung von „nack“, die bei der Beschreibung des Weilers durchaus nachvollziehbar ist: Neben Hinterkopf, Hals oder Scheitel bedeutete „nack“ laut Gerhard Köblers Wörterbuch des Mittelhochdeutschen auch „Gipfel“. Die hohe Lage des Nackterhofs (320 Meter über Normalnull) könnte also – wie bei vielen anderen Orten in dieser Zeit auch – bei der Namensgebung die entscheidende Rolle gespielt haben.

Von hier aus geht es durch die Felder nach Wattenheim.

Blick Richtung Wattenheim vom Nackterhof aus


Blick gen Hettenleidelheim vom Nackterhof aus


Wattenheim - Verschiedene Funde lassen darauf schließen, dass schon die Römer in Wattenheim eine Niederlassung gründeten. Die Ersterwähnung von Wattenheim 793 im Lorscher Codex gilt als umstritten. Vermutlich wurde der Ort erstmals 1221 erwähnt. Im 13. Jahrhundert hatte das Templerhaus Kirchheim einige Besitztümer in Wattenheim.

Durch die Gemarkung fließt in West-Ost-Richtung der Rothbach, ein linker Nebenfluss des Eckbach; teilweise bildet er die Gemarkungsgrenze zu Carlsberg. Vor Ort durchfließt er den Karstweiher und den Hetschmühlweiher.

Der Ortskern ist als Denkmalzone ausgewiesen; hinzukommen insgesamt 27 Einzeldenkmäler, darunter der Menhir von Wattenheim. Bis in die Zeit der ersten Kreuzzüge reicht die Geschichte der heute protestantischen Kirche zurück. In der Dorfmitte erhebt sich die katholische Kirche, ein neugotischer Hallenbau, der in den Jahren 1892 und 1893 vom Architekten Wilhelm Schulte I. errichtet wurde.

Dorfbrunnen fotografiert von Dr. Peter Dell


In der Carlsberger Straße besichtigten wir den „Bier-Eis-und-Felsenkeller“, dessen Eingang zwischen der Hausnummer 28 und 30 liegt. Wurde er früher zum Lagern verwendet, so dient er heute u.a. als Veranstaltungsort und sollte schon so manches Mal zugeschüttet werden. Anekdoten und Geschichten ranken um diesen unterirdischen Ort von denen Herr Hemmer so manche zu erzählen wußte. Spannend auch, dass man anhand der Bauweise, der angewandte Physik und den noch vorhandenen Spuren wir seinen Gebrauch heute noch erfahren können.

Eingang zum Bierkeller - Quelle: Gemeindearchiv Anton Meißner Wattenheim


Nun geht es weiter nach Hettenleidelheim, teils neben der Autobahn, mal darunter durch und stets durch Felder auf denen mancherorts noch der Raps am Blühen war.

Hettenleidelheim, einstiger Verwaltungssitz der VG Hettenleidelheim-Land, wo schon die Römer und Kelten die herrliche Region zu schätzen wußten und ihre Spuren hinterließen, erreichten die Radler nach nur wenigen Kilometern. Die Landschaft und ihre Geschichte laden ein, entdeckt zu werden, denn bereits 1125 wurde der Ort erstmalig erwähnt.

Am Freibad in Hettenleidelheim angekommen, erwarteten uns Vertreter des Fördervereins mit einer kleinen Stärkung bevor sie uns Spannendes rund ums Schwimmbad berichteten. Vor dem Schwimmbad gibt es Fahrradständer die allen Arten von Rädern einen sicheren Abstellplatz gewähren.

Vorfreude auf den Badesommer


Kaum einer wußte, dass bereits 1928 die damalige Wasserbaugenossenschaft "Volkswohl" in den Sauer- und Ochsenwiesen am Rande von Hettenleidelheim ein 50 m * 20 m großes Schwimmbecken erbaut hatte. Das Schwimmbad galt als eine der modernsten Badeanlagen in weitem Umkreis und bleibt auf Jahre hinaus das einzige Freibad im Bezirk Grünstadt. Das Bad gilt somit als eines der ältesten Freibäder in der Pfalz.

Gefüllt wird das Schwimmbecken mit Quellwasser aus den Sauerwiesen, die auch ständig frisches Wasser liefern. Zusammen mit den damals höchst komfortablen Umkleidekabinen aus Holz längs der Beckenanlage wird es in einer Rekordzeit von nur sechs Monaten errichtet. Bereits 1964 kam das Kinderplanschbecken dazu. Seit 2018 wird das Hauptbecken nachts mit einer Heizkostensparenden Nachtplane abgedeckt, 2020 kommt ein Spielplatz hinzu.

Im Wechsel mit dem Freibad in Altleiningen findet im August auch ein zweitägiges Schwimmbadfest statt, allerdings in Hettenleidelheim erst wieder 2024. Dieses Jahr empfiehlt sich der Ausflug nach Altleiningen ins Burgbad.

So gestärkt mit Wissen ging es weiter in Richtung Eisenberg. Einmalig ist das Landschaftsschutzgebiet „Erdekaut“, das zwischen Hettenleidelheim und Eisenberg liegt. Ein Abstecher dahin lohnt sich immer, aber besonders reizvoll ist die Heide in der Blütezeit. Die Räder rollten über die Römerstraße und dann durch die Felder, teils entlang des Eisbachs nach Ebertsheim.

Am Ortsrand von Ebertsheim übernahm der Ortsbürgermeister Findt die Führung und radelte voraus ins Renaturierungsgebiet.

Renaturierungsgebiet Ebertsheim

Die Eisbachrenaturierung in den Jahren 2019/20, kann man als das herausragende Landschaftsprojekt unserer Ortsgemeinde in den letzten Jahrzehnten bezeichnen – erklärte Bernd Findt. Ein Projekt, das in zweierlei Hinsicht zum Nutzen der Einwohnerinnen und Einwohner Ebertsheims dient. Zum einen hilft es der Renaturierung eines natürlichen Fließgewässers, mit allen positiven Elementen für Flora und Fauna. Zum anderen ist es auch dem Hochwasserschutz für die Ortsgemeinde, da hier ein Hochwasserrückhaltevolumen von 16 500 qbm geschaffen wurde. Ein weiteres Fleckchen in der VG was einen erneuten, längeren Besuch sicher wert ist.

Nach einer halben Stunde Natur pur ging es auf die (fast) letzte Etappe nach Mertesheim. Der Radweg verläuft parallel zur Eistalstraße und dem Eisbach.

Die Gemeinde Mertesheim (früher Martinsheim) wurde erstmals in der Urkunde 1254 im Rahmen einer Schenkung unter König Karl und dem Abt Gundeland geschichtlich erwähnt. Heute ist Mertesheim ein modernes Dorf mit neuen Straßen, schönen Plätzen und Grünanlagen. Durch verschiedene Maßnahmen, die die Ortsgemeinde im Laufe der letzten Jahre durchgeführt hat, wurden die Wohnqualität und Attraktivität des Ortes gesteigert. Mertesheim hat sich zu einem charmanten Wohnort mit dörflichem Charakter entwickelt.

                                                                                Der Eisbach fließt durch den Ort.

Unser Ziel war das 1996/1997 neu erstellte Dorfgemeinschaftshaus mit Stützpunkt der Feuerwehr. Die Ortskernsanierung mit dem Neubau in der St.-Valentin-Straße und der nahe gelegenen St.-Valentin-Kirche ist Beleg für eine gelungene Verbindung zwischen Neuzeit und Altertum, was wir vom Rad aus bemerkten. Die Ortskirche feierte im Jahr 2004 ihr 500 jähriges Bestehen. Dorfgemeinschaftshaus und Ortskirche bilden den Mittelpunkt der Gemeinde und somit bleibt die Verbindung zwischen Tradition und Neuzeit erhalten.

                                                                                             Lourdes Grotte

Wir wurden mit leckerem hausgemachten Kuchen und Kaffee begrüßt und bewirtet. Das Sitzen und Ausruhen vor der finalen Etappe, zurück zur VG nach Grünstadt oder direkt zum Heimatort, gab allen Mitradlern nochmals Kraft. Es wurde geplaudert, gelacht und so ging die 2. Radtour durch die VG in froher Runde zu Ende.

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Danke an alle Mitwirkende und auch an alle die an einem Sonntag sich per Rad die VG und ihre Besonderheiten angeschaut haben. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen und auch neuen Radlern weitere Orte und Highlights innerhalb der VG zu erkunden.



Fakten:

Gesamtstrecke:        rund 28 km

Reine Radlerzeit:      rund 2 h

Mit Besichtigungen: rund 6 h

Radlerniveau:           mittel

Teilnehmer:              36 Personen aus der VG